von Dr. David N. Nikogosyan, Bonn, Germany
WMF ist die Abkürzung für die Württembergische Metallwarenfabrik. Die Geschichte dieser Manufaktur ist sehr gut dokumentiert [1,2,3]. WMF wurde im Jahr 1880 nach der erfolgreichen Fusion zweier Würtemberger Fabriken gegründet. Das Werk Geislingen gehörte Daniel Straub (Straub & Sohn) und das Werk Esslingen gehörte Alfred Ritter (A. Ritter & Co.). Die erste Fabrik war wirtschaftlich erfolgreicher, während die zweite eine technisch weiter entwickelte Methode zur galvanischen Versilberung benutzte. Diese wurde zum ersten Mal in Esslingen durch den deutschen Chemiker Carl Haegele (1871) angewendet. Carl Haegele war der Schwager des Inhabers Alfred Ritter. Nach dem Ausscheiden von Daniel Straub im Jahr 1881, wurde Carl Haegele Geschäftsführer der WMF. Noch im selben Jahr wurde das Werk in Esslingen demontiert und in die Geislinger Gießerei eingegliedert. In den folgenden dreißig Jahren erlebte WMF eine Zeit der schnellen Expansion, die bis zum Beginn des Weltkrieges 1914 andauerte.
Im Jahr 1886 kaufte WMF das russische Unternehmen Roman Plewkiewicz (Roman Plewkiewicz & Co.) in Warschau, um sich auf dem riesigen russischen Markt zu etablieren. Dieser WMF Zweig importierte hauptsächlich Basismetallteile aus Geislingen, die dann vor Ort versilbert und nach Russland mit eigenen Marken weiter verkauft wurden. Dazu siehe auch meinen Artikel im ASCAS Newsletter [4]. Im Jahr 1897 erwarb die WMF die Metallwarenfabrik für vernickelte Waren Schauffler & Safft in Göppingen, in der Nähe von Stuttgart in Württemberg. 1898 wurde Hans Schauffler der nächste Geschäftsführer der WMF und hielt diese Position für die nächsten sieben Jahre, bis 1905. Der WMF Vorstand wurde ebenfalls nach Göppingen verlegt. Im Jahr 1900 übernahm WMF die Kontrolle über die Wiener Gießerei für versilberte Waren, Albert Köhler & Cie. Wie auch das Unternehmen R. Plewkiewicz, blieb auch diese Firma bis 1914 ein eigenständiger WMF Ableger und produzierte auch Gegenstände mit seiner eigenen Marke. Schließlich, im Jahre 1905, kaufte WMF die Mehrheitsbeteiligung der Kölner Firma Orivit A. G., einem Hersteller von Produkten aus Zinn Legierungen. Der Export von versilbertem Geschirr und Haushaltsgegenständen ist kontinuierlich gestiegen, was auch die Veröffentlichung von WMF Katalogen in drei Sprachen bezeugt. Drei aufeinanderfolgende Ausgaben des englischen WMF Katalogs wurden im Jahre 1900, 1906 und 1910 veröffentlicht. Im Jahr 1914 erreicht die Zahl der Mitarbeiter allein in der Geislinger Fabrik 3500 Personen und WMF wurde der größte Industrie Produzent ganz Württembergs.
Ein Blick auf die Geislinger Fabrik , aus dem Kopf einer WMF Rechnung aus dem Jahr 1912.
Die versilberten WMF Produkte, die um 1900-1910 hergestellt wurden, sind sehr beliebt bei westlichen Antiquitäten Sammlern. Dies liegt daran, dass diese Geschirr- und Haushaltsgegenstände aus dieser Zeit als die besten Muster des Jugendstils betrachtet werden, auch bekannt als Art Nouveau Stil in Frankreich und Secession in Österreich-Ungarn. Jedes Jahr wird von dem berühmten Londoner Verlag Dorling Kindersley Ltd. ein Antiquitäten Preis-Führer herausgegeben, welcher die aktuelle Situation auf dem Britischen Antiquitätenmarkt wiederspiegelt. In diesem Führer sind 2 ganze Seiten den versilberten WMF Produkten gewidmet. Gleichzeitig werden andere renommierte europäische Hersteller von versilberten Metallwaren wie Christofle (Frankreich), August Wellner und Söhne (Deutschland), Arthur Krupp Berndorf (Österreich-Ungarn) gar nicht erwähnt. Im Internet Auktionshaus eBay werden meist zehn tausende versilberte WMF Artikel gleichzeitig angeboten. Die entsprechenden Preise erreichen oft Hunderte von Euro oder sogar mehr. Vor kurzem hat der Club „Antique Collectors“ den englischen WMF Katalog von 1906 als Nachdruck veröffentlicht, dieser enthält eine umfangreiche Einführung des namhaften deutschen Kunsthistorikers Dr. Graham Dry [3]. Diese luxuriöse 400 Seiten Ausgabe enthält die Beschreibung von mehr als zweitausend versilberten Objekten, Geschirr und Haushaltsutensilien mit Preisen und beschreibt die Qualität der einzelnen Stücke. Sie dient als Eigenwerbung für die besten europäischen Jugendstil -Silber-Exponate.
Frühe versilberte Jugendstil-WMF-Artikel aus den Jahren 1885-1903.
Mein Interesse an den WMF Marken entstand während einer Reise nach Ungarn im Jahr 2005. In Veszprém besuchte ich einen ansässigen Antiquitätenhändler und wurde von einem Satz mit vier versilberten Jugendstil Teeglashaltern angezogen. Der Besitzer des Ladens, verlangte nur 40 US-Dollar für diesen Satz, und ich habe ihn sofort gekauft. Auf der Unterseite der einzelnen Stücke gab es eine Drei-Buchstaben-Marke „W.M.F.“ und die Modellnummer „345“.
Nach Hause zurückgekehrt, habe ich sämtliche WMF Marken, des oben schon erwähnten Nachdrucks des Kataloges von 1906 [3], sowie die Monographie von Annette Denhardt [1], durchgesehen und habe nichts gefunden, was den Markierungen auf meinen ungarischen Teeglashaltern ähnlich war. In beiden Quellen wurde nur festgestellt, dass die Haupt WMF Marke, die von 1880-1925 verwendet wurde aus dem Bild eines laufenden Straußes bestand. Dieser befand sich im inneren einer Raute mit der zweizeiligen Prägung WMF / G. Um die Raute herum befand sich je nach Marke noch ein Rechteck oder ein Bogen. Diese Entdeckung hat mich sehr aufgeregt und nach einigem Zögern kam ich zu dem traurigen Schluss, dass meine ungarischen Teeglashalter wahrscheinlich nicht echt waren, oder, im besseren Fall, nur eine moderne Replik.
Einer meiner „ungarischen“ Teeglashalter.
Was auch immer geschieht, es ist immer das Beste! Mit der Zeit hatte ich erkannt, dass es bei Ebay-Auktionen eine große Anzahl von versilberten WMF Produkten mit Markierungen ähnlich denen auf meinen ungarischen Teeglashaltern gibt. Eine 3 Buchstaben Aufschrift „WMF“ mit oder ohne Punkten und in einigen Fällen sind die Buchstaben „M“ und „F“ miteinander verbunden. Einige der Gegenstände wurden auf 1890-1900 datiert. Später fand ich ähnliche Marken in Online-Publikationen für Silber Sammler, zum Beispiel in [5]. Die außergewöhnliche Situation entstand: Es existieren WMF Marken, die zwar den Sammlern gut bekannt waren, aber irgendwie in den Publikationen bedeutender Kunsthistoriker ignoriert wurden. Ich beschloss, diesen Punkt zu untersuchen, und hatte bald über zwanzig „inoffizielle“ WMF Marken gesammelt, unter denen auch die Marke auf meinen „ungarischen“ Teeglashaltern zu finden war. Die Fotos dieser Marken sind weiter unten in der Liste der WMF Marken auf Korpusware & Tabletts zu finden.
2 WMF Jugendstil Vasen aus dem Jahr 1903.
Bei meiner früheren Forschung zu WMF Marken auf Korpusware [6] habe ich alle „inoffiziellen“ WMF-Schriftzüge, zwischen 1880 und 1903, in vier Gruppen eingeteilt. Bezugnehmend darauf schlage ich hier ein Schema vor, in dem alle diese „inoffiziellen“ Marken in eben vier Gruppen unterteilt werden.Die Marken der ersten Gruppe (verwendet in 1880-1886) enthalten das Wort „WMF“, gebildet aus drei Buchstaben, „W“, „M“ und „F“, mit oder auch ohne Punkten dazwischen sowie „sans Serif „Schrift. Interessanterweise sind manchmal die Buchstaben „M“ und „F“ miteinander verbunden. Ein solcher „fusionierter“ Schreibstil wurde den frühen Marken der Berndorfer Metallwarenfabrik oder des BMF in Österreich-Ungarn entlehnt, die 1870-1880 in Gebrauch waren [7].
Die BMF-Marke der Berndorf Metallwaren Fabrik von 1870 bis 1880
AS ist die Abkürzung von „Alpacca Silber“.
Die zweite Gruppe (1886-1903) enthält zahlreiche Marken mit Inschriften aus vier Buchstaben, teils mit Punkten oder wieder ohne, sowohl mit „serif“ (selten) als auch mit „sans serif“ Schriftarten. Einige der Schriftmarken befinden sich innerhalb einer Kartusche. Ältere Marken benutzen eine „serif“ -Schriftart und sind in einer Kartusche. Diese vierbuchstabigen Inschriften sind die Kombinationen des Wortes „WMF“ zusammen mit einem der folgenden Buchstaben: „M“ oder „B“, so dass das für die Versilberung verwendete Grundmetall, also Messing („M“ von Messing) oder eine zinnhaltige Legierung, sogenanntes Britannia-Metall („B“), mit angegeben wird. In seltenen Fällen wird der Buchstabe „N“ (Neusilber oder Alpacca) auch zum Markieren verwendet.
Einige WMF Marken auf Korpusware der zweiten Gruppe (1886-1903).
Die dritte Gruppe von WMF-Hohlwarenmarken (1898-1903) enthält keine drei- oder vierstelligen WMF-Aufschriften mehr. Im Gegensatz zu der bisherigen Markengruppe besteht sie aus einer Einwort-Inschrift „GEISLINGEN“, die in einer „sans serif“ Schrift in einen rechteckigen Rahmen gefasst ist. Diese Marke wurde erteilt, um die Verwendung einer Argentan-Legierung als Grundmetall für die Versilberung zu bezeichnen. Allerdings war die vorgeschlagene Marke für eine verwendete Argentan-Legierung sicherlich eine Art Gimmick, da Argentan einfach ein anderer Name für Alpacca oder Neusilber ist.
Nun ein kleiner Exkurs: während der Zeit 1997-2013, während ich im University College Cork, Irland, arbeitete, kaufte ich über ebay.co.uk für meine Sammlung rund sechs WMF-Hohlwaren (damals habe ich ebay.de nicht benutzt aufgrund meiner damaligen, schlechten Deutschkenntnisse). Erst kürzlich habe ich festgestellt, dass die Marken aller dieser Exponate, die in Großbritannien gekauft wurden, eine dreibuchstabige WMF-Inschrift, eine „serif“ Schriftart, verwenden. Außerdem tragen sie originale Sekundärmarken, wie EP (Abkürzung für „electro-plated“ in Deutsch „galvanisiert“) oder NS (Abkürzung für „nickel silver“, in Deutsch Neusilber oder Alpacca). Danach habe ich mich entschlossen, die heute bei ebay.com [wmf art nouveau silverplated, 550 Stück] und ebay.de [wmf jugendstil versilbert, 1400 Stück] angebotenen WMF-Stücke genauer anzusehen. Während ich auf ebay.com ziemlich leicht ein Dutzend Stücke mit den Markierungen fand, welche denen ähneln, die auch auf den im Vereinigten Königreich gekauften Artikeln zu finden sind, habe ich auf ebay.de keine solchen Marken gefunden. Dieses Ergebnis zeigt, dass alle meine Artikel, die in Großbritannien gekauft wurden, WMF-Exportmarken tragen. Außerdem habe ich festgestellt, dass meine anderen vier WMF-Objekte (einschließlich des oben besprochenen „ungarischen“ Teeglasbehälters), die auf dem Territorium des ehemaligen Österreich-Ungarn gekauft wurden, ein weiteres drei buchstabiges WMF-Zeichen mit „sans serif“ Schrift in einem rechteckigen Rahmen tragen, welches auch als Exportmarke identifiziert wurde. Es sollte betont werden, dass diese Marken spezifisch für Hohlwaren sind, da die Ausfuhrmarken für Bestecke unterschiedlich sind. Eine Ausnahme ist die älteste „schicke“ Exportmarke mit einem gebrochenen „F“ in der WMF-Inschrift, mit „sans serif“ Schrift. Diese wurde gleichzeitig auf Hohlwaren und Besteck verwendet. Die Export-WMF-Hohlwarenmarken, die zwischen 1880 und 1903 verwendet wurden, sind in der vierten Gruppe enthalten.
Typische WMF Export Marken auf Hohlwaren.
Die Datierung der Marken erfolgte durch die Verwendung von bereits datierten Hohlwaren aus meiner Sammlung (ich hatte das Glück, sechzehn datierte Stücke zu kaufen), sowie durch das Vorhandensein bzw. das Fehlen bestimmter stilistischer Details an diesen Gegenständen. Die Korrektheit der Datierung ist dadurch begründet, dass die meisten Stücke mit den WMF-Marken aus der ersten Gruppe oder frühen WMFM-Marken aus der zweiten Gruppe vor dem Beginn des Jugendstils (vor 1895) auf den Markt kamen und damit übereinstimmten , sie wurden alle im WMF-Katalog von 1906 nicht mehr erwähnt [3]. Gleichzeitig wurden die meisten Objekte der zweiten Gruppe, die im Jugendstil hergestellt wurden und die späten WMFB-Zeichen tragen, im oben genannten Katalog oder auch im Katalog von 1901 der Firma Roman Plewkiewicz beschrieben [8].
Im Jahr 1903 wurden alle oben diskutierten WMF-Hohlmarken durch die berühmte, sogenannte WMF „Straußenmarke“ ersetzt. Es ist allgemein anerkannt [2,3], dass die Wahl des Straußenbildes für die WMF-Marke durch die Übereinstimmung zwischen dem Namen eines der WMF-Gründer (Straub) und dem deutschen Namen des Straußes (Strauß) erklärt werden könnte. Viel weniger bekannt (oder einfach ignoriert) ist, dass die Straußenmarke der Ziegenmarke sehr ähnlich sieht, die 1888-1932 von der berühmten französischen Gießerei „Manufacture de l’Alfenide“ verwendet wurde. Diese Firma produzierte auch sehr erfolgreich versilberte Jugendstil Gegenstände (unter dem Handelsnamen „GALLIA“) und verwendete wie WMF eine zinnhaltige Legierung als Grundmetall für die Versilberung [9,10].
Eine berühmte Straussenmarke, von WMF verwendet in den Jahren 1903-1910 (links) und die Ziegenmarke,
verwendet von „Manufacture de Alfenide“ für versilberte Gegenstände von 1888-1932 (rechts).
Bezüglich des Datums, des Auftretens von WMF-Straußenmarken, habe ich Beweise, dass die erste WMF Straußenmarke genau 1903 und nicht schon 1880 auftauchte, wie zuvor in [1,3] erwähnt wurde. Diese Aussage wird durch folgende Daten unterstützt:
1) Ich verfüge über zwei Anzeigen, die den WMF-Produkten in Argentan gewidmet sind, sowohl Hohlwaren als auch Besteck (siehe Fotos dieser Anzeigen in begleitendem Papier auf den Marken von WMF-Besteck). Diese Anzeigen wurden 1898 und 1903 herausgegeben. So wurde die Herstellung von WMF-Gegenständen aus der dritten Markengruppe (Vorgänger der Straussenmarken) bis 1903 fortgesetzt.
2) Ich habe drei datierte WMF-Produkte mit der GEISLINGEN-Marke, eine 0,3 l versilberte Teekanne aus dem Jahr 1901 und zwei 20 cm lange versilberte Gabeln vom 14.11.1902 zusammengetragen.
3) Ich habe eine dekorative versilberte Vase gekauft, die das WMFM-Zeichen trägt und mit 31.07.1903 datiert ist, siehe Foto oben. So wurde die Herstellung von WMF-Gegenständen mit Marken aus der zweiten Markengruppe (Vorgänger der Straussenmarke) auch bis 1903 fortgesetzt.
4) Vor kurzem, nach einem Jahrzehnt der kontinuierlichen Suche, kaufte ich schließlich einen kleinen schönen Becher mit der ersten Straussenmarke, datiert auf 1903, siehe Foto oben.
Ich besitze in meiner Sammlung auch eine Reihe von WMF-Stücken mit der Straussenmarke, datiert auf 1904 (zweimal), 1907 (zweimal) und 1910. Weiter habe ich ein WMF-Stück im Internet gesehen, welches auf 1909 datiert war. Daher kann ich daraus schließen dass die erste Straussenmarke im Jahr 1903 erschien und bis 1910 verwendet wurde.
WMF Jugendstil-Stücke mit der ersten „Straussenmarke“ (1903-1910).
Um 1909/1910 wurden zwei neue WMF-Straussenmarken eingeführt. Sie tragen das Bild eines laufenden Straußes innerhalb eines Rhombus mit einer zweizeiligen Inschrift WMF / G, die wiederum in einem vollständig (oder teilweise) gestrichelten Bogen platziert ist, siehe Fotos unten. Diese zwei Markierungen wurden während einer langen Zeitperiode verwendet. Nach [1,3] wurde die erste dieser beiden kleinen Marken auf WMF-Waren verwendet, welche nach Frankreich exportiert wurden. Meiner Meinung nach wurde der Export nach Frankreich aus naheliegenden Gründen eingestellt, und danach wurde diese Marke auf Waren aus Nichteisenmetallen und deren Legierungen wie Kupfer, Messing, Nickel usw. benutzt. Die versilberten Produkte mit einer solchen Marke sind sehr selten. Im Gegensatz dazu lief die Herstellung von Buntmetall-WMF-Produkten mit dieser Marke bis 1930. Die zweite Straussenmarke wurde 1910 für den Binnenmarkt eingeführt und wurde bis 1925 für versilberte Produkte verwendet. Diese Annahme ist durch datierte WMF Gegenstände gesichert, die von mir gesammelt wurden und eine solche Marke besitzen; Sie stammen aus den Jahren 1910, 1914, 1916, 1920 und 1925.
Straussenmarken, mit Bild des Straußes innerhalb einer Raute, die innerhalb eines vollständig gestrichelten (links) bzw. teilweise gestrichelten (rechts) Bogens platziert.
Es sollte betont werden, dass die ersten drei Straußenmarken für Hohlwaren jeweils zahlreiche zusätzliche Zeichen besitzen (siehe unten in der Liste der WMF-Marken). Unter diesen Zeichen sind zwei häufig zu finden; für die künstliche Verfärbung der Beschichtung in Grau (Stempel „OX“, Abkürzung für oxidiert) oder in sehr dunkles (fast schwarzes) Grau (Stempel „as“, Abkürzung für Antik-Silber). Die Beschreibung dieser Techniken findet sich in der Monographie von Annette Derhardt [2], auf Seite 200. Der Grund für diese künstliche Verdunkelung war, dass die WMF – Teile häufig zusammen mit Glaseinsätzen (zB Tafelaufsätze für den Tisch) oder Gläsern (z.B. Teeglashalter) verwendet wurden und die verdunkelte Versilberung perfekt mit dem Glas harmonierte. In diesem Zusammenhang ist es sehr bedauerlich festzustellen, dass viele WMF-Stücke mit der abgedunkelten Silberbeschichtung von unwissenden Antiquitätenhändlern oder Ebay-Verkäufern rücksichtslos zu einem vollen Glanz poliert wurden, was effektiv das echte Aussehen „tötete“.
Nicht versilberter WMF Jugendstil Teeglashalter mit der zweiten „Straussenmarke“ (1909-1930).
WMF Jugendstil Zuckerdose mit der dritten Straussenmarke (1910-1925).
Ab 1920 führte WMF die neue kleine Marke für versilberte Objekte ein, die eine spezielle 2D-Kombination aus drei Buchstaben „W“, „M“ und „F“ in einem Rechteck enthält. Da ich zwei WMF-Artikel mit dieser Marke von 1922 und 1925 habe, dachte ich, dass diese neue Marke bis Mitte der zwanziger Jahre verwendet wurde. Nach kürzlich gefundenen Informationen (siehe die Referenz in dem Begleitpapier) konnte die Nutzungsdauer für diese Marke jedoch sogar bis 1930 verlängert werden. Die gleiche 2D-Kombination dieser drei Buchstaben, die in einem teilweise gestrichelten Bogen angeordnet waren, wurde die Hauptmarke für versilberte Gegenstände für die nächsten fünf Jahre. Die gleiche 2D-Kombination von drei Buchstaben „W“, „M“ und „F“, aber in einem „leeren“ Bogen platziert, wurde auch in den Jahren 1935-1945 verwendet.
WMF-Marken, die eine 2D-Kombination von drei Buchstaben „W“, „M“ und „F“ enthalten, in einem
Rechteck (links); in einem teilweise gestrichelten Bogen (mitte) und in einem „leeren“ (rechts) Bogen.
Diese Marken wurden in den Jahren 1920-1930, 1930-1935 bzw. 1935-1945 verwendet.
In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre hat WMF die Straußenmarke in einer Raute wieder eingeführt um hoch-künstlerische Produkte im modischen Art-Deco-Stil zu kennzeichnen. Diese Straussenmarke unterscheidet sich deutlich von anderen Straußenmarken. Erstens fehlt ein Rechteck oder ein Bogen. Zweitens ist die Größe der Raute viel größer. Drittens verschwand die Inschrift „WMF“ / „G“ unter dem Strauß. Viertens ist der Schwanz des Art-Deco-Strausses im Vergleich zum Schwanz des Art Nouveau-Straußes (Marke 6 in der unten aufgeführten Liste der WMF-Marken) entweder versteckt oder hochgestellt, der Jugendstil Straussen-Schwanz zeigte immer nach unten.
Ein dekorativer WMF Aschenbecher im Art Deco Stil.
Art Deco WMF Marken, Bild des laufenden Straußes in einer Raute, verwendet ca. 1925-1930.
Ab 1925 wurde die Kennzeichnung von versilberten WMF-Hohlkörperartikeln eher schlecht. Zusätzliche Marken wurden überhaupt nicht mehr verwendet. Sogar die Silbermenge, die für das Versilbern verwendet wurde, wurde nicht mehr genannt. Daher ist es schwierig, die von 1925 bis 1945 hergestellten Korpus-Artikel nach Silber und anderem Metall zu trennen. Dies war teilweise auf die Weltwirtschaftskrise und das damit verbundene Verschwinden von versilbertem Geschirr zurückzuführen. Nichtsdestotrotz fokussierte die WMF-Gießerei Ihre Anstrengungen nun auf andere Produkte, z. B. Edelstahl-Geschirr, und überlebte diese schwere Zeit. Die Herstellung von versilbertem WMF Geschirr dauerte noch bis mindestens 1970 an.
Alle Fotos im Text wurden von David N. Nikogosyan gemacht. Die fotografierten Gegenstände sind aus der Privatsammlung von David N. Nikogosyan, Bonn, Deutschland.
Literatur
[1] Annette Denhardt. Das Metallwarendesign der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) zwischen 1900 und 1930. Historismus – Jugendstil – Art Deco. (Lit Verlag, Münster, 1993), pp.1-231 [in German].
[2] Dedo von Kerssenbrock-Krosigk and Claudia Kanowski, Modern Art of Metallwork (Berlin: Bröhan Museum, 2001), pp.352-365.
[3] Art Nouveau Domestic Metalwork from Württembergische Metallwaren Fabrik, Reprint of 1906 Catalogue, Second Edition (Antique Collectors‘ Club Ltd., Woodbridge, 2008), pp.1-392.
[4] David N. Nikogosyan. Hollow Ware Marks of Warsaw Silver Plate Factories Operated in the Russian Empire: Bros. Henneberg, Bros. Buch, Wola Factory, Plewkiewicz & Schiffers. http://www.prueschberg.de/nik/articoloDICEM165.html, 2012.
[5] Giorgio Busetto. A Small Collection of Antique Silver and Objects of Vertu. http://www.silvercollection.it/, 2012
[6] David N. Nikogosyan. Early WMF Silver Plate Marks. Silver Magazine, Vol.43, No.1, pp.18-20 (2011)
[7] Ingrid Haslinger, David N. Nikogosyan. Early Marks of Berndorf Metalware Factory. Silver Magazine, Vol.42, No.1, pp.12-15 (2010)
[8] Joanna Paprocka-Gajek. Platery Warszawskie. Katalogi i Cenniki Firmowe. Plyta CD. Warszawa: Muzeum Palac w Wilanowie, 2010, pp.1-375 [in Polish]. English translation: Silver Plated Items produced in Warsaw. 28 Catalogues and Price Lists of 8 Warsaw Silver Plate Companies on a CD disc.
[9] David N. Nikogosyan. Marks of European Silver Plate: VII. Gallia, Alfenide/Christofle, France. http://www.prueschberg.de/nik/windowOTTOB77.html, 2010
[10] David N. Nikogosyan. Gallia and its Predecessors: History and Marks. Silver Magazine, Vol.45, No.5, pp.32-40 (2013)
Liste mit WMF Marken auf Korpusware & Tabletts
Für jede Marke wird zunächst die Haupt Inschrift bzw Bildmarke gezeigt, dann werden die kompletten Marken zusammen mit den sekundären Markierungen abgebildet, danach wird jede sekundäre Markierung dargestellt und erläutert.
Dr. David N. Nikogosyan – 2013 (überarbeitet 2016, 2017) –
übersetzt aus dem englischen von Ralph Prüschberg 2018
Der Link zur originalen Arbeit von David N.Nikogosyan ist
http://www.ascasonline.org/windowFEBBRA105.html